Nach drei Wochen der erste Besuch an meinem Beet. Der zurückliegende Sturm hat etwas Karton davon geweht. An den meisten Stellen hat die Abdeckung aber gehalten, sodass der Boden von Pappe und Mist bedeckt ist. Ein Teil des Beetes konnte ich im Januar idealerweise auch mit einer Plane zudecken, dort ist alles unbeschadet geblieben. Am Ende meines Besuchs stehen für mich eine gute Nachricht, eine schlechte Nachricht und eine Erkenntnis.
Die gute Nachricht ist, dass es unter der Decke aus Pappe und Mist inzwischen recht feucht ist und viele kleine Tierchen unterwegs sind: Kleine Spinnen, Nacktschnecken und Regenwürmer sind mir begegnet. Sie sind ein Zeichen für Nährstoffreichtum. Sie helfen, die Pflanzenreste unter dem Karton zu vertilgen und den Boden aufzulockern. Daneben war bei einigen übrig geblieben Trieben
alter Sträucher erkennbar, dass sie langsam dunkel werden und absterben. Vor allem unter dem Teil, der von der Plane bedeckt ist, scheint all das gut zu laufen. Insgesamt aber geht die Verrottung aber sehr langsam voran – das ist die schlechte Nachricht. Nach sechs Wochen Bodenbedeckung sind die alten Gräser noch alle erkennbar, viele davon haben auch ihre Farbe nicht verloren. In fünf Wochen, hatte ich geplant, mit den ersten Pflanzungen zu beginnen. Bis dahin muss ich mir überlegen, wie ich vorgehe, damit die Nährstoffe der bedeckten, alten Pflanzen nicht vollständig verloren gehen, ich sie aber dennoch weitgehend entferne. Dass die Verrottung der alten Gräser unter der Plane jedoch augenscheinlich besser funktioniert, ist der Fingerzeig für eine mögliche Lösung. Die Plane sorgt für besseren Licht- und Sauerstoffabschluss, was optimale Bedingungen sind, damit die Pflanzen vergehen. Es scheint also geboten zu sein, noch Planen für das Beet aufzutreiben, um den Prozess zu verbessern. Für heute habe ich an den Stellen, wo der Sturm seine Spuren hinterlassen hat, neuen Karton und neuen Mist aufgebracht. Die Lücken in der Abdeckung sind damit wieder geschlossen. Wo noch funktionstüchtiger, alter Karton lag, ist sie jetzt verstärkt.
Gartentag am 17. Januar 2024
Staubig, stickig und laut: Einen Spaten vom Schmutz vieler Jahre zu befreien, ist nicht das angenehmste Geschäft. Lärmend reibt die Schleifmaschine Rost, Erde und Farbe ab. Alter Ballast, der nun als Staub durch die Luft wirbelt. Alter Ballast an einem Spaten, eine „unnütze Last, überflüssige Bürde“, erklärt mir der Duden das Wort. Trägst Du auch eine unnütze Last aus der Vergangenheit mit Dir herum? Eine Enttäuschung, die noch schmerzt? Eine Freundschaft, deren Ende Du noch bedauerst? Einen Fehler, für den Du Dich noch entschuldigen könntest? Sich einer Last zu entledigen, ist manchmal so schwer wie die Last selbst. Eine Enttäuschung zu vergeben, sich nach Jahren von einer früheren Freundschaft auch im Herzen zu trennen, eine Entschuldigung nach Jahren auszusprechen – es erfordert Kraft. Alte Erlebnisse werden hochgeholt; wie bei unserem Spaten wird Staub aufgewirbelt. Staub bedrückt uns, wir atmen schwerer, sehen schlechter. Wenn sich aber der Staub legt, haben wir einen freien Blick. Einen freien Blick auf einen Weg, den wir ohne Ballast weitergehen können. Einen freien Blick auf die Zukunft, in der uns Gott so vieles schenkt. Einen freien Blick für die Menschen um uns, denen wir strahlend und glänzend begegnen können. So macht es auch der rostige Spaten. Bereits gut abgeschliffen, wird er mit Alkohol eingerieben. Das desinfiziert. Öl kommt anschließend darüber. Das schützt das Metall vor Rost. Von altem Ballast befreit, strahlend und glänzend, hängt der Spaten nun wieder im Hammersdorfer Schuppen und wartet auf seinen ersten Einsatz in diesem Jahr. Und während ich dies schreibe, ruht der Garten augenscheinlich gut vor sich hin (unter Kartons und im Kompost passiert hoffentlich viel) und draußen sind es minus sechs Grad. Der Frühling scheint weit weg. Doch ich sehe in einem WhatsApp-Status das Foto eines grünen Sprösslings in einer Plastikschale. Darunter steht „Es ist wieder soweit, die ersten Pflanzen sind da. Die russische Hängetomate wird morgen pikiert“. Es kommt schon jetzt auf leisen Sohlen, das Gartenjahr.
Gartentag am 7. Januar 2024
Das neue Jahr steckt noch in den Kinderschuhen. Noch ist Winter, es ist kalt, grau und nass. Doch wir wissen, ein neues Jahr bringt wieder einen Frühling, einen Sommer, einen Herbst und damit unzählige Möglichkeiten. Für mich ist dieses neue Jahr eine Möglichkeit, um im und vom Garten zu lernen. Damit soll es nächste Woche losgehen.
Im Dezember haben wir festgelegt, wo das Beet sein soll. Es lag länger brach, ist noch bewachsen mit allerhand Unkräutern und Resten der alten Pflanzen. Was passiert damit und vor allem: Was pflanze ich danach? Ich habe nachgelesen und das ist nun mein Plan.
Die alten Pflanzen auf dem Beet werde ich kommende Woche mit Kartons bedecken und plattdrücken. Auf diese Schicht aus Karton kommt etwas Kompost, Mulch und – je nachdem, was zur Verfügung steht – eine Plastikplane, die das Ganze nochmals abdeckt. Dann wird das Beet in Ruhe gelassen. Nach einigen Wochen ohne Licht und Sauerstoff werden die Pflanzen absterben, ihre wertvollen Nährstoffe bleiben aber im Beet.
Bis zum Frühling hat das Beet dann Zeit, die Nährstoffe zu absorbieren. In der zweiten Märzhälfte soll dann richtig Leben in das Beet kommen: Ich plane, Radieschen, Spinat und Kartoffeln anzubauen. Warum diese drei? Mein Wunsch ist es, mein Beet selbst abzuernten, die Pflanzen zu essen und zu teilen! Gemüsepflanzen eignen sich wunderbar dafür. Und da meine Dienstzeit im Juli endet, sollten es Pflanzen sein, die bis zum Hochsommer Ertrag liefern können.
Auf den Gartenwebseiten liest man: Bei einer Aussaat im März können Radieschen und Spinat problemlos im Juli geerntet werden, bei Kartoffeln ist das schon schwieriger. Aber nicht unmöglich, wie man erfährt. Ich werde deshalb zu einem Experiment im Experiment greifen: Die Kartoffeln sollen vorkeimen. Das heißt, ich werde im März einige Knollen bis zur Hälfte in Pflanzerde legen. Dabei sollen ihnen kurze, starke Triebe wachsen, 15 Grad sind dabei optimal. Der Flur in meiner Wohnung ist wahrscheinlich am besten geeignet. Nach sechs Wochen kommen die Kartoffelpflanzen dann ins Beet. Wenn alles klappt, kann dann ab Ende Juni geerntet werden, und gekocht und gebraten und püriert… Was man mit Kartoffeln nicht alles machen kann! Die Möglichkeiten einer Frucht. Die Möglichkeiten eines Gartens. Das sind Möglichkeiten meines neuen Jahres.
Gartentag – Mittwoch, 6. Dezember 2023
Sie kann gar nicht aufhören, im Garten zu arbeiten. Sie ist im Fluss. Sie vergisst, zu trinken. So berichte Elfi mir von ihrer Arbeit im Garten. Wie aus einer anderen Welt klang das für mich, denn meine Erfahrungen waren völlig anders. Nein, eigentlich hatte ich gar keine. Schon gar nicht in Sachen Permakultur. Denn nach diesem Konzept ist der Garten auf der Hammersdorfer Kirchenburg aufgebaut. Aber was ist das überhaupt? Zunächst mal ist es das Gegenteil der meisten Gärten, die sich hinter unseren Häusern befinden. Es geht nicht um Schönheit oder die vermeintliche Ordnung. Es geht darum, Pflanzen ganz vielfältig auf engem Raum anzubauen, in Kreisläufen zu denken und das alles möglichst naturnah zu unterstützen, im besten Fall reguliert sich der Garten sogar eines Tages selbst. Das große Erdbeerbeet, in dem nur Erdbeeren wachsen, gehört der Vergangenheit an. Vielmehr können sich zu einer Reihe Erdbeeren noch Knoblauch, Schnittlauch, Radieschen und viele mehr gesellen. Das alles erfordert viel Handarbeit. Ohne viel Wissen über Permakultur fragte ich mich: Was tue ich eigentlich hier? Wozu die ganze Anstrengung? Wozu die Arbeit? Von „Ich kann gar nicht aufhören“ war ich Welten entfernt. Ich sehnte das Ende fast jedes Mal herbei. Der Start im Garten war also ganz schön
frustrierend. Deshalb möchte ich mich nun aufmachen, Schritt für Schritt mehr über
Permakultur zu erfahren und das parallel in einem eigenen Beet umsetzen.
Der Beginn heute war denn auch etwas profan. Da werden manche fragen: Garten? Jetzt noch,
Anfang Dezember? Nun, heute hatte ich weniger mit dem Winter und vielmehr mit Herbst
zutun. Die Bäume sind schon lange kahl geworden und noch immer lagen Laubreste im
Schulhof. Die habe ich heute zusammengerecht und in Säcken gesammelt. Keine
abwechslungsreiche Aufgabe, im Sekretariat wäre ich jetzt lieber, dachte ich.
Ich packte die Kopfhörer aus, hörte einen Podcast, das lenkte mich ab und gab der Arbeit schon einen frischen Wind. Das hat mich motiviert. Ich konnte nachdenken. Über dieses und jenes, aber auch darüber, dass es wahrscheinlich eine Frage der inneren Einstellung ist: Will ich, dass die Arbeit Freude macht oder will ich es nicht? Klare Sache.
Ein Teil des Laubs ziert nun den Komposthaufen. Dort ist es am richtigen Platz. Das Herbstlaub
kann dort langsam, aber sicher verrotten. Es wird von Mikroorganismen aller Couleur zersetzt, die
von den alten Tomatenpflanzen kommen, von den Himbeersträuchern, die wir vor vier Wochen geschnitten haben, die vor allem aber von Essensresten der Pfarrhaus-Bewohner beigesteuert werden. Eine bunte Mischung ist für einen funktionierenden Kompost sehr wichtig. Mit reichlich Geduld ist in einiger Zeit Humuserde gewonnen, die man in den Beeten wieder verwenden kann. Ein klassischer Kreislauf, nicht nur in einem Permakultur-Garten. Jetzt freue ich mich tatsächlich auf das neue Beet. Ich will loslegen. Denn: Heute war ich auch im Fluss.